Führen in Teilzeit,  Lessons Learned,  Selbstreflexion

Der Zauber des Anfangs…

Endlich war sie da: die erste Woche in Teilzeit! Total euphorisch und voller Vorfreude, irgendwie ein bisschen wie am ersten Schultag, startete ich in meinen ersten Arbeitstag des Jahres. Es fühlt sich heute so an, als hätte ich mit dem Abschicken meines Tweets dazu, ganz offiziell den Startknopf gedrückt!

So trudelten erste gute Wünsche, bestärkende und mutmachende Worte und jede Menge Likes und Retweets ein, noch bevor ich das Haus verlassen hatte. Ich, als Twitter Newbie mit kleiner Reichweite, traute meinen Augen kaum! Und so kam ich bereits völlig geflashed an meinem Arbeitsplatz an – getragen von diesem, für mich total überwältigenden, Feedback! Diesen Teil von Twitter kannte ich noch nicht…

Einfach magisch…

Tja, und wie Jahresanfänge und die Zeiten nach dem Urlaub nun mal so sind, lief der Tag äußerst trubelig weiter: Neujahrswünsche reihten sich an Terminanfragen, Geschichten zu den Weihnachtstagen ans Teammeeting und die Wochenplanung. Und irgendwo, am anderen Ende des Schreibtischs, füllte sich mein Smartphone-Display mit Twitter-Herzchen und -Sprechblasen.

Und so fand ich mich bald in Mitten einer kunterbunten Emotionswolke wieder: ein Mix aus Freude alle wiederzusehen, Aufregung da endlich Teilzeit-Zeit, Dankbarkeit für all die großartigen Rückmeldungen kombiniert mit der Megaphone-Durchsage in meinem Kopf „Boah, is‘ Twitter krass!“ und dem normalen Erster-Tag-bei-der-Arbeit-Stress. Für mich ein wirklich großartiger Start mit all den positiven Emotionen, die ich mir gewünscht hatte.

…aber auch ein bisschen verhext!

Exemplarisch zeigt mein To-Do „Jahresplanung“ ganz gut, wie mein erster Monat gelaufen ist. Die ist nämlich das Beste im Januar. Einfach mein Highlight sich gemeinsam Gedanken über das kommende Jahr zu machen: Was passt zur Vision, was ist noch offen oder im Backlog, welche Themen, welche Ziele und Experimente stehen in welchen Quartalen an bzw. wie viel Kapazität haben wir dafür neben dem Tagesgeschäft? Nun ja, die Team-Workshops dazu finden dieses Jahr Anfang Februar statt… Für strategische Themen hat die Zeit leider, trotz aller Anstrengungen, nicht gereicht. Objektiv betrachtet wirklich kein Ding, persönlich aber schon ein kleiner Dämpfer. Ich bin ehrlich gesagt, schon ein bisschen stolz auf meinen Plananie-Spitznamen!

Aber wenn ich fair zu mir selbst bin, kam einfach viel zusammen: zum üblichen Tagesgeschäft noch ein paar (teils ungeplante) Sonderthemen, aus fünf Arbeitstagen wurden vier und ich hatte mich noch nicht wirklich darauf ein gegroovt. Und Himmel, mir fehlt mein Home-Office-Tag! Strategie, Planung, Workshopvorbereitung und all die Aufgaben, die Fleiß und Konzentration erfordern, fernab des Bürotrubels zu erledigen – das war immer so herrlich produktiv und effektiv… Aber da bin ich selbst schuld! Diesen Tag habe ich mir gestrichen, in der Unsicherheit, vielleicht dann doch zu viel abwesend zu sein. Da muss ich definitiv nochmal ran: meine Motive prüfen und überlegen, was da zukünftig Sinn gibt.

Das Rennen um den Mittwoch

Mein Wunsch-Teilzeittag ist der Mittwoch. Doch für mich war von Anfang an klar, dass ich diesen Tag flexibel halten werde. Also in der Woche schieben, sobald meine Anwesenheit erforderlich sein sollte oder eine Deadline so liegt, dass ich diese Zeit einfach noch benötige. Es wird immer wieder Meetings geben, die nur an einem / diesem Mittwoch stattfinden können oder (ungeplante) Abgaben, die mehr Zeit kosten.

Allerdings versuche ich mir im Gegenzug meinen Teilzeit-Tag wirklich freizuhalten und auch an keinen Calls von Zuhause aus teilzunehmen. Keine Frage: im Fall der Fälle bin ich natürlich erreich- und ansprechbar, aber verplanen werde ich den freien Tag nicht! Ob dieser Vorsatz sich wohl halten lässt? Und ich muss auch zugeben, dass ich nicht die Disziplin habe, das rote Blinken des Blackberrys komplett zu ignorieren – auch diesen Trigger könnte ich mal auf den Prüfstand stellen. Zudem antworte ich nicht auf Emails, wenn es problemlos bis am nächsten Tag warten kann.

Zur Statistik: im Januar ist das Mittwochsrennen 2:2 ausgegangen…

Stimmungsbarometer

Wichtig waren mir, nach dem ersten Monat, besonders die Rückmeldungen meines Teams und Vorgesetzten. Wie läuft‘s? Welche Veränderungen gibt es? Aber um mal ganz ehrlich zu sein: es sind schon gemischte Gefühle, wenn man gesagt bekommt, dass es echt gaaar kein Problem war, dass man diese vier Tage nicht da war. Da trifft „Yeah, läuft wie geplant“ doch kurz aufs eigene Ego… Aber es überwiegt am Ende natürlich die Freude, dass es für alle funktioniert. Außerdem fühle ich mich durch die klaren Antworten in meinem Abenteuer unterstützt und ermutigt. Für diesen Support bin ich ihnen wirklich dankbar.

Was mein Team aber sehr wohl auch wahrgenommen hat, war mein (ich zitiere) „Flippern“ durch die Tage. So habe ich mich, in meinem Bestreben alle Bälle in der Luft zu halten, alle Abgaben zu halten und der Motivation, ja nichts anbrennen zu lassen, nahezu überschlagen. Ja, ehrgeizig bin ich! Aber das kostet mich hier, einmal mehr, die innere Ruhe. Ganz klar mein To-Do für Februar: Selbstmanagement optimieren bzw. recherchieren und ausprobieren, was ich tun kann, um mich besser zu organisieren.

Ist das denn noch Teilzeit?

Teilzeit in meinem Kontext bedeutet reduzierte Stunden, die ich an einem Tag die Woche zusammenlege und damit frei habe. Wenn ich meinen Januar ankucke war es, zumindest Pi-mal-Daumen, aber eher so, dass ich die Stunden des fünften Arbeitstages, in weiten Teilen, auf die verbleibenden Vier verteilt habe und immer bis spät im Büro saß. Erfahrungswerte, die ich auch von anderen Teilzeit-Führungskräften gehört habe. Könnte mein Abenteuer am Ende eine Milchmädchen-Rechnung werden? Also für einen freien Tag die Woche, die gleiche Arbeit, nur anders verteilt, für angepasstes Gehalt zu erledigen? Um hier mehr sagen zu können, werde ich den Tipp beherzigen, grob mitzuschreiben, wie viele Stunden ich pro Woche nun tatsächlich arbeite.

Diese Fragestellung finde ich, gerade vor dem Hintergrund neuer Arbeitszeitmodelle, interessant und sehr relevant. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich generell kein Fan von Wochenstunden bin. Ja, sie sind ein Rahmen, aber ich mache am Ende meinen Job, erfülle meine Rolle – erstmal unabhängig davon, wie viele Stunden im Vertrag stehen. Wochenarbeitsstunden stellen für mich die Anwesenheit in den Vordergrund, aber ich schweife ab…

Da ich ja auch in Vollzeit oft mehr gearbeitet habe – vielleicht ist das jetzt tatsächlich die Teilzeit-Version davon? Das werde ich mal im Auge behalten…

Lessons Learned

Für mich ist mein Teilzeit-Tag goldwert. Endlich habe ich Zeit zu Schreiben und in diesem Zuge Dinge viel intensiver zu Reflektieren. Zeit zu Lesen und Podcasts zu hören – dazu die Möglichkeit auch im Winter öfters bei Tageslicht rausgehen zu können und morgens in Cafés zu Frühstücken, die am Wochenende gar nicht offen haben. Ich liebe diesen Tag, der nur für mich ist und mich wirklich weiterbringt! Dabei merke ich, wie mir der Tag unglaublich viel Energie gibt, mich zufriedener macht. Und ich, gerade im Büro, auf viele mir bekannten Trigger gar nicht mehr so reagiere, wie ich das eigentlich von mir kenne. Cooler Perspektivwechsel – raus aus dem eigenen Sumpf.

Auch wenn ich in meinem Job lieber zu viel, als zu wenig zu tun habe, merke ich mein „Flipper“-Pegel selbst auch sehr deutlich. Ich kriege zwar alles gewuppt, aber bin dabei zu hektisch, fühle mich getrieben und sitze abends lange vor dem PC. Da möchte ich dringend ran. Ist auch die perfekte Herausforderung für eine Strukturtante wie mich. Wie kriege ich meine Tage so optimiert oder priorisiert, dass ich zur Ruhe und Gelassenheit zurückfinde? Oder vielleicht auch andersrum: finde ich einen Ausgleich, der mich die Tage, wie sie nun mal sind, entspannter rocken lässt?

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay