
Zeit für Lockdown-Projekte
Wie verbringe ich meine Zeit? Das ist grundsätzlich schon eine spannende, mitunter fast schon philosophische Frage, doch im letzten Jahr hat daran noch die Pandemie ordentlich gerüttelt. Auf einmal gab es gefühlt viel mehr freie Zeit, da #StayHome gewohnte Freizeit-, Wochenend- und Urlaubsgewohnheiten eingeschränkt oder unmöglich gemacht hat. Was fehlt mir davon, was nicht? Zudem gab es auch jede Menge Aktivitäten, die neu angeboten wurden: So schossen zahlreiche Online-Angebote aus dem Boden, Communities wurden ins Leben gerufen und nach und nach wurde in fast allen Lebensbereichen immer weiter digitalisiert.
Habe ich noch Platz im Kalender, da ich ortsungebunden auf einmal an so Vielem teilnehmen kann oder will ich nur noch weg vom Bildschirm? Ist on- wie offline ausgewogen? Und finde ich nach gut einem Jahr noch genug Spannendes zu tun oder graut es mir vor dem nächsten Wochenende, den nächsten Urlaubstagen? Diese Fragen haben mich dazu inspiriert mal über meine Lockdown-Projekte nachzudenken…
Von Null auf Hobbygärtnerin
Vor Corona war ich wenig zuhause. Auf Reisen, in der Natur, in Restaurants, mit Freunden unterwegs und unter der Woche lange im Büro – keine gute Basis für glückliche Pflanzen… Und so standen auch auf meinem Stadtbalkon nur ein Tisch und zwei Stühle. Eine Kombination aus blindem Aktionismus im ersten Lockdown, mehr Zeit durch meinen Teilzeitstart, der Erkenntnis, dass das Jahr vor allem zuhause stattfinden würde und begeistert von Gärtner-Ansätzen in der Familie, bei Freunden und einer Kollegin stand der Plan: Gemüseanbau auf dem Balkon! Schnell waren die Erfahrenen interviewt, ein Buch über Selbstversorgung in der Stadt gekauft und die passenden Mini-Hochbeete ausgesucht. Eins für Kräuter, eins für Gemüse und Töpfe für Tomaten. So konnte ich mich, in Kürze, vor lauter Pflanzen auf meinem Balkon fast nicht mehr bewegen und meine Lernkurve war phänomenal:
- Allen Warnungen zum Trotz und getrieben vom Wunsch die immer größer werdenden Setzlinge aus der Bude zu bekommen, fiel ich natürlich erstmal voll auf die Eisheiligen rein und mummelte über Wochen jeden Abend die Hochbeete ein – windsicher versteht sich.
- Sehr bald machte ich die Bekanntschaft mit Mehltau und einer Kolonie grüner Läuse, die sich wochenlang gut versteckt im Zupfsalat immer weiter ausbreiten konnten, mir und meiner Pinzette entkamen und so wohl meine Hochbeete nie ganz verließen.
- Zudem lernte ich, dass Dünger wirklich Wunder bewirkt (war da skeptisch) und zu viel gießen eine schlechte Idee ist.
- Und ich musste mir eingestehen, dass ich wohl einfach kein Händchen für Basilikum habe…
Und nun tripple ich ungeduldig in den Startlöchern um 2021 alles besser zu machen und vertreibe mir die Zwischenzeit mit dem Indoor-Anbau von Sprossen – ein Stück Kindheit in der eigenen Küche. Wieso war ich da nur vorher nie draufgekommen?
Zwei linke Daumen treffen auf Buddy
Tapfer, aber mit absoluter Ahnungslosigkeit starte ich auch in ein Gemeinschaftsprojekt mit meinem Liebsten. Schon lange hatten wir überlegt einen Transporter zum Camper auszubauen und recherchiert, wie das gehen könnte. Doch bevor wir wirklich Geld und Zeit investieren wollten, war die Idee erstmal ein paar Mal einen zu leihen und das auszuprobieren – da kam Corona dazwischen. Der erste, geplante Roadtrip fiel also aus und so wurden wir kreativ: Wir liehen uns einen T5 Transporter aus, putzten ihn gut durch, packten ein günstiges Luftbett zwischen die beiden Radkästen und fuhren ins benachbarte Sauerland, wo wir nach einer Wanderung einfach auf dem Parkplatz schliefen. Zwischen nächtlichen, auf dem Schotter knirschenden Schritten um den Wagen (keine Fenster!) und dem Blick am Morgen aus der Heckklappe auf ein nebliges, friedliches Tal packte uns die Abenteuerlust. Und zahlreiche Tutorials, wie in wenigen Wochen aus einem Bulli ein Campervan werden konnte, hatten uns überzeugt. Und so kam Bus Buddy in unser Leben und ohne große handwerkliche Vorerfahrung startete der Ausbau und die Bestätigung, dass einfach machen tatsächlich klappt:
- Man kann alles lernen – auch wenn mir Flexen weiterhin suspekt bleiben wird.
- Geduld ist alles, denn die geglaubt einfachsten Dinge brauchen am Ende doch Stunden und es gab sooo viele Tage, an denen es keinen Fortschritt für den WhatsApp-Status zu fotografieren gab – und daran scheiterte übrigens auch das regelmäßige Update unseres Insta-Profils BuddyBusReisen (Notiz an mich selbst: dringend mal wieder akualisieren!)
- Fehlertoleranz ist Grundlage für jeden Schritt, denn Murphy ist einfach überall – selbst da, wo er eigentlich nicht sein kann, theoretisch…
- Ach und man(n) gibt mehr Geld für Werkzeuge aus als für Material an sich. 🙂
Seit das Bett fertig und die Matratze drauf ist, rettet uns Buddy den Tapetenwechsel: Ein paar Kilometer von zuhause entfernt, auf irgendeinem Waldparkplatz ein Buch lesen, ne Serien schauen oder mal auf dem Hof schlafen – das hat was. #dankbar
Doch es bleibt ein Projekt: Es fehlen noch der Wandschrank, die Schubladen unter dem Bett, Gardinen, (ganz wichtig!) Deko, eine Box für den Dachgepackträger, die Outdoor-tauglichen Reifen,… und die WoMo-Zulassung. Mal sehen, wann wir uns aufraffen weiterzubasteln. Geschlossene Baumärkte machen es komplizierter und die Aussicht vielleicht erstmal nicht aus dem eigenen Landkreis zu kommen, drücken nach all den Monaten ein bisschen auf die Motivation…
Aufräumen mal anders
Ich geb‘s zu: Dem Keller und meinen überfälligen Fotoalben habe ich mich bisher nicht gewidmet. Dafür habe ich woanders in meinem Leben „aufgeräumt“, mich mit Nachhaltigkeit beschäftigt:
- Wie kann ich Müll reduzieren – vor allem Plastik? Vom Unverpacktladen-Besuch, über neue Spül- und Waschmittelkonzepte bis hin zu Stofftaschen/-netzen statt Tüten.
- Was ist nachhaltiger: Eine funktionierende Kapselmaschine ersetzen oder Alternativen für den Kaffee suchen? So probiere ich mich also gerade quer durchs alternative Kapselangebot…
- Wo kaufe ich Fleisch und was ist (mir) Fleisch wert? Von Reduktion des Konsums und fairen Preisen beim Biobauern, der vor Ort schlachtet.
Das Thema Ernährung geht noch weiter:
- Welche schnellen Gerichte machen die Pause im HomeOffice gesund und lecker, in der Kürze der Zeit?
- Möglicherweise habe ich auch eine Saftkur ausprobiert…
- Wie gehe ich mit Alkohol um und was ist mein „Lockdown-Trinkverhalten“? Dry January mal unter einer ganz neuen Perspektive, unabhängig vom gesellschaftlichen Trinken bei Sektempfang und Brauereibesuch.
Und was tut mir noch gut?
- Wie verlängere ich meine Offline-Zeit?
- Welche Achtsamkeitsübungen passen zu mir?
- Und welche Bücher lese ich mit Mitte Dreißig? Aus der Bridget-Jones-Nummer bin ich rausgewachsen und hatte bisher – neben all den Fachbüchern – nie die Zeit mir ein neues Genre zu suchen.
Und Du?
Was sind Deine Erfahrungen? Hast Du Lockdown-Projekte? Kannst Du es nicht erwarten bis alles wieder möglich ist? Oder hat sich etwas verändert? Was bleibt? Und was ist zurzeit nur ein „Lückenfüller“?


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